AF 1 - Precision Farming und IoT

Ansprechpartner: Daniel Eberz-Eder, Jona Hinze, Benson Kisinga

Primäre Partner sind: federführend das DLR RNH, DLR WWOE, DLR RP, DLR Eifel, Technische Hochschule Bingen (TH Bingen), Technische Universität Kaiserslautern (TUK), LVAV Neumühle, AgroScience RLP

Im Anwendungsfall 1 steht der Aufbau der Open Data Farm im Vordergrund. Die Open Data Farm stellt einen digitalen Zwilling der Lehr- und Versuchsanstalt Hofgut Neumühle mit offenen Betriebsdaten dar. Die Verbildlichung soll aufzeigen, welche Möglichkeiten die Digitalisierung in der Landwirtschaft bietet und wie man einen Mehrwert daraus im täglichen Betriebsablauf generieren kann. Das Konzept der Open Data Farm ermöglicht es, betriebliche Daten für den Wissenstransfer und zur Demonstration zu nutzen. So können simple Einbindung neuer Technologien umgesetzt werden. Aus technologischer Sicht wird auf der OpenDataFarm die GeoBox-Infrastruktur für ein resilientes Smart Farming in der Landwirtschaft getestet und demonstriert. Die Open Data Farm wird schrittweise um die anderen Anwendungsfälle des Experimentierfeld Südwest erweitert. Die Open Data Farm kann über folgenden Link aufgerufen werden.

Erstellung von Applikationskarten mittels Drohnenaufnahmen zur Applikation von Pflanzenschutzmitteln und Dünger

  Abb. 1: Applikationskarte der Maisfläche mit zwei Streifen (betriebsübliche Variante & Nullvariante) – links, Orthomosaik drei Wochen nach der Applikation – rechts

Ein weiterer Schwerpunkt im Anwendungsfall 1 stellt der Bereich Precision Farming dar, in dem in praktischen Versuchen spezifische Fragestellungen untersucht und neue Techniken getestet werden sollen. Dazu wurden im Bereich Dauergrünland und Gülle- & Pflanzenschutzmittelapplikation Versuche angelegt.

Im Bereich des Pflanzenschutzmitteleinsatzes wurde im On-Farm Research die teilflächenspezifische Applikation von Pflanzenschutz auf Basis des Magic Tool von Pix4D fields auf einer Maisfläche getestet. Eine Intensivierung der Bewirtschaftung in der Landwirtschaft führt seit vielen Jahren auch zu intensiverem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die neben vielen Vorteilen für die Kulturpflanzen auch Nachteile mit sich bringen. Dazu zählen Resistenzen gegenüber bestimmten Wirkmechanismen, Schädigungen bestimmter Bodenorganismen und Tieren sowie Gewässerverunreinigungen. Auch aus ökonomischer Sichtweise stellt der flächendeckende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für den Landwirt ein Problem dar, denn die Preise für die Produkte sind in den letzten Jahren gestiegen. Ziel ist es Pflanzenschutzmittel in den Bereichen bedarfsgerecht einzusetzen, in denen wirtschaftliche Ertragsverluste durch Unkräuter auftreten, um den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren und somit umweltschonender und nachhaltiger zu wirtschaften.

Dafür wurde eine Applikationskarte für eine Herbizidbehandlung auf Basis von Multispektraldaten einer Drohne mit Hilfe des Magic Tool von Pix4D fields erstellt und anschließend appliziert. Zusätzlich wurden zwei Streifen angelegt, die eine Null- und eine betriebsübliche Variante darstellen.

Kennartenerkennung mittels Drohnenaufnahme

Die Ernte der Versuchsfläche steht noch aus, jedoch sind die Teilflächen in denen kein Pflanzenschutzmittel appliziert wurde deutlich zu sehen, da die Witterung mit hohen Temperaturen und immer wieder starkem Niederschlag ein optimales Auflaufen der Unkräuter und Ungräser ermöglichte.

Des Weiteren wurden im Dauergrünland Drohnenüberflüge getätigt, bei denen RGB-Daten zur Erkennung von Kennarten, die förderbar sind, genutzt wurden. Kennarten im Grünland sind bei extensiver Bewirtschaftung über die Öko-Regelung 5 honorierbar. Dafür werden sogenannte Begehungsstreifen von 10 Meter Breite angelegt, die ab einer Größe von einem Hektar in drei Abschnitte unterteilt werden. Innerhalb dieser Abschnitte müssen mindestens vier Kennarten nachgewiesen werden. Im Rahmen des Versuches wurde eine betriebsübliche Begehung zweier extensiv bewirtschafteter Dauergrünlandflächen vorgenommen. Die Kennarten wurden mit Hilfe eines RTK-Vermessungsstabes georeferenziert markiert. Zusätzlich wurden die RGB-Daten der Drohne in drei unterschiedlichen Flughöhen aufgenommen. Ziel war es, Kennarten wenn möglich, über eine automatisierte Bilderkennung zu identifizieren, um Zeit für den Landwirt einzusparen. Dafür kamen zwei unterschiedliche Ansätze zum Einsatz. Als erstes wurde die Blütenfarbe genutzt, um auf einzelnen Bildabschnitten Kennarten gegenüber dem Gras zu identifizieren. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Identifikation anhand der Blüte sehr gut gelingt. Da jedoch neben der Erkennung auch die Bestimmung der Kennart wichtig ist, soll in einem zweiten Schritt mit Hilfe von automatisierter Bilderkennung auch die Kennart bestimmt werden. Datensätze zu finden, die einen Großteil der Kennarten abdecken, ist aber eine Herausforderung.

Abb. 2: Darstellung der Begehungsschneise mit markierten Kennarten – links, Rotklee auf den RGB-Daten der Drohne in einer Flughöhe von 20m - rechts

Erste Erkenntnisse zeigen, dass bei der Aufnahme der Drohnendaten die räumliche Auflösung der Drohnendaten entscheidend ist, die häufig nur über sehr geringe Flughöhen realisiert werden kann. Außerdem spielt die zeitliche Auflösung eine wichtige Rolle, da die Kennarten meistens nicht gleichzeitig blühen. Die Erfahrung der Landwirte ist dabei von großem Vorteil, die den Zeitpunkt abpassen müssen. Je häufiger die Kennarten auftreten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Identifikation. In Kooperation mit dem MuD NIRS wurde auch dieses Jahr wieder ein Streifenversuch im Bereich der sensorbasierten Gülleapplikation angelegt. In fünf unterschiedlichen Varianten fand die Ausbringung per Sensor über die Stickstoffgesamtmenge oder Ammoniumstickstoff statt. Anhand der Erntedaten können die Varianten später ausgewertet werden.

Ein Einsatz der Nahinfrarotspektroskopie (NIR) könnte deutliche Verbesserungen herbeiführen: Die Nährstoffermittlung könnte vereinfacht, eine exaktere Ausbringung ermöglicht, der überbetriebliche Nährstoffaustausch gefördert und der Dokumentationsaufwand minimiert werden.

Internet of Things (IoT) - Sensortechnologien

LoRa -WAN Sensortechnologien als Netzwerk für Bodenfeuchtesensoren zur Erfassung spezifischer Bodenfeuchte- und Temperaturdaten. Die Erhebung von tageaktuellen Werten im Ackerbau ermöglicht eine schnelle Reaktion bei Trockenheit oder zu viel Niederschlag. So wurde auf Basis von LoRa ein Netzwerk aufgebaut, um das Bewässerungsmanagement im Kartoffelanbau zu steuern und zu automatisieren. 

In der IoT wird im Bereich der LoRaWAN Sensorik auch der Einsatz in der Bewässerung getestet. In diesem speziellen Fall in der Bewässerung von Kartoffeln auf Trockenstandorten der Technischen Hochschule Bingen. Dafür wird mit Hilfe von Bodenfeuchtigkeits- & Bodentemperatursensoren der aktuelle Feuchtigkeitszustand gemessen. Anschließend werden diese Daten mit der Wettervorhersage für die nächsten Stunden kombiniert. Sollte kein Niederschlag gemeldet sein und die gewünschte Niederschlagszufuhr nicht gewährleistet sein, so wird über ein sogenanntes Valve, das ebenfalls über LoRaWAN gesteuert wird, die Bewässerung automatisch aktiviert. Dieses Verfahren wird an der Technischen Hochschule Bingen in mehreren Feldversuchen getestet.

Living Lab zur Nutzung und Weiterentwicklung GeoBox-Infrastruktur

GeoBox-Viewer - TRL 9 (Produkt)
HofBox 2.0 - TRL 7-8 (Prototyp)

Die hoheitlichen Beratungsangebote in den umweltrelevanten Bereichen der Düngung und des Pflanzenschutzes prägen die Ausrichtung des DAPrlp im Rahmen des EF-Südwest. Zur Weiterentwicklung und Adaptierung stehen den Informatikern des DLR-RNH entsprechende Testfelder und –szenarien des LVAV zur Verfügung. Flankierend erarbeitet das interdisziplinär besetzte Coaching Team der TH Bingen in AF1 am Beispiel der Düngungsvorgaben ein initiales Schulungsangebot für das Living Lab. Für das erforderliche Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Daten im Rahmen digitaler Beratungsangebote werden vom KTBL harmonisierte Vokabularien und Schnittstellen benötigt (Anbindung des BMEL-Projekts GeoBox-I). Die TU Kaiserslautern wird ein Kontextmanagementsystem im Rahmen des EF-Südwest entwickeln, um zeitkritischen Sensordaten von Maschinen oder Sensornetzwerken bei der Applikation von Dünger bzw. Pflanzenschutzmitteln möglichst automatisiert und mit geringer Latenz (z.B. 5G-Netze) berücksichtigen zu können. Das DLR-RNH (DAPrlp) arbeitet in AF1 eng mit der TU Kaiserslautern, dem Betrieb der LVAV und dem assoziierten Partner John Deere zusammen. Die fachliche Aufbereitung von standortspezifischen Sensordaten zu verwertbaren Kontextinformationen übernimmt die hierauf spezialisierte AgroScience.

Die Abteilung Agrarwirtschaft des DLR-RNH verfügt über die landesweit zuständigen Experten für Fragen zur Düngung und Applikation von Pflanzenschutzmitteln. Neben dem digitalen Pflanzenschutz-Anwendungs-Manager (PAM) werden weitere bundesweite Kompetenzen der in Bad Kreuznach räumlich angebundenen Organisationen ZEPP und ISIP im EF-Südwest berücksichtigt. Der entsprechende Austausch erfolgt insbesondere im BMEL-Projekt GeoBox-I, das wesentliche technische Komponenten des Living Lab liefert.

Eine zentrale Zielsetzung des EF-Südwest ist die Digitalisierung unterschiedlichster Betriebsformen einer kleinstrukturierten Landwirtschaft. Als breit einsetzbarer Hebel dienen öffentliche Tools und Datenangebote zur Optimierung der umweltrelevanten Applikation von Dünge und Pflanzenschutzmitteln. Entsprechende in AF1 zu erprobende Kernkomponenten des Living Lab sollen zur Laufzeit des EF-Südwest sukzessive in Sonderkulturbetriebe transferiert werden. Diese Transferleistung erfolgt in Zusammenarbeit mit den Sonderkulturexperten der entsprechenden AF und setzt beim DLR-RNH ggf. Anpassungen des DAPrlp voraus. In gemeinsamer Abstimmung mit der TH Bingen sind die Schulungs- und Coachingangebote für die Praktiker ebenfalls an die spezifischen Anforderungen der Sonderkulturbetriebe anzupassen und im Rahmen der für alle AF geplanten Living Lab Einführung zu transferieren. Besonderer Wert wird im EF-Südwest auf eine breite Anschlussfähigkeit des Living Lab in Richtung der Privatwirtschaft gelegt. MR, LU, LVAV und Landtechnikhersteller können AF1 als Experimentierfeld nutzen.